Vor ein paar Wochen war in der Zeitung ein Bericht über Nachhaltigkeit, unter anderem mit einem Buchtip.
Vanessa Farquharson „Nackt schlafen ist Bio – Eine Öko-Zynikerin findet ihr grünes Gewissen und die große Liebe“.
Kurz umrissen der Inhalt. Ein Jahr lang Ökologie und Nachhaltigkeit leben und jeden Tag ein Vorhaben in diese Richtung umsetzen. Das hat mich natürlich sofort angesprochen und die Idee finde ich ausgezeichnet. Jeden Tag eine kleine Tat umsetzen und in das tägliche Leben integrieren. Nun, das Buch war schnell gekauft und die Lektüre begann umgehendst, dank der kalten Jahreszeit und damit verbundenen Fahrten mit den Öffis war sie auch schnell beendet. Der Begeisterung folgte recht schnell auch die Ernüchterung, denn die Autorin versucht im locker, flockigen Stil humoristisch ein Tagebuch zu führen. Verwiesen wird hierbei immer wieder auf Ihr Blog, dem das Buch entstammt und das gleich mal auf der ersten Seite falsch geschrieben wurde, www.greenas(a)thistle.com. Ein bißchen im Stil wie Doris Knecht, nur dass ich den Knecht´schen Schreibstil wirklich schätze und mich ihre verschrobenen Darstellungen königlich amüsieren kann. Dagegen erinnert mich der Schreibstil von Farquharson ein wenig an einen Kinderaufsatz, was möglicherweise auch daran liegt, daß ich die deutsche Übersetzung gelesen habe und nicht das englische Original. Auch ein wenig pubertär finde ich ihre Erzählungen der persönlichen, amorösen Nebengeschichten, die ein bißchen wie “ Soll ich Mark nochmal umarmen, ich finde ihn so süß“-Tagebucheinträgen einer kichernden 15-jährigen klingen, aber deshalb habe ich mir das Buch ja auch nicht gekauft.
Vom Aufbau her ist es wie ein Tagebuch, wobei jedes Monat ihres einjährigen Ökopraktikums mit einer Übersicht aller Nachhaltigkeitstips beginnt. Danach folgen die wichtigsten Tage des Monats mit einer Story, die oft wenig mit dem angestrebten Ökoziel gemein hat. Zum Beispiel beschreibt sie ihre Entscheidungsschwierigkeiten zwischen Bioäpfel aus dem Süden der US und Äpfel aus regionalem Anbau (Toronto in ihrem Fall) aber ohne jegliche Produktionskontrolle. Was gänzlich fehlt ist eine Lösung, eine fundierte Antwort auf diese Frage (wobei ich denke, daß jeder, anstatt eines Fertigsprodukts gegessene Apfel ein Schritt in die richtige Richtung ist).
Die Tips reichen von Banalem, wie „keine Microwelle anschaffen; kein Heizkissen mehr verwenden“ über Dinge, die man gern mal vergißt, wie „kein Wegwerfbesteck annehmen, Stoffeinkauftaschen verwenden“, bis hin zu meiner Meinung nach sehr entbehrlichen Tips a´la „Wechsel zu veganer Zahnseide oder Im Schnee stecken gebliebene Autos herausschieben helfen. Hmm.. der ökologische Zusammenhang ist mir nicht ganz klar, aber vielleicht, weil ich dem Autofahrer sowieso helfe, aus zwischenmenschlichen Gründen. Egal.
Und ja, es gibt auch einige sehr nützliche Hinweise und Ökotips, die mich sehr wohl angeregt und inspiriert haben und die ich sicherlich für mich selbst ausprobieren und nachgehen werde.
Wer im 9ten Monat des ökologischen Wandeljahres den Tip „Flusensieb des Wäschetrockner regelmäßig säubern“ postet, Monate zuvor aber bereits seinen Kühlschrank deaktiviert hat um Energie zu sparen, den kann ich im Sinne der Nachhaltigkeit nicht ganz ernst nehmen. Und viele Tips, wie auch der Einsatz vom Energiesparlampen, bleibt in klassischer Weise unhinterfragt.
Trotzdem sind ein paar interessante Anregungen dabei, die ich gerne übernehmen werde. Einen Komposter selber bauen, den man auch in der Stadt verwenden kann oder auch die Vermeidung von Einweggebinden durch mitbringen der eigenen „Verpackung“ bringen mich zum Nachdenken und Verändern meiner eigenen Handlungsweisen. Außerdem glaube ich, daß es ziemlich schwer und anstrengend ist, ein Jahr lang jeden Tag einen Tip parat zu haben.
Conclusio: Das Buch ist kein Must, die Tips sind eher unkritisch, Sidestories entbehrlich, als Ubahnliteratur jedoch rasch zu lesen und die Basisidee ist sehr gut. Die englische Version ist empfehlenswert (zumindest vermute ich das).
Vanessa Farquharson
„Nackt schlafen ist bio – eine Öko-Zynikerin findet ihr grünes Gewissen und die große Liebe“
Bastei Lübbe Verlag – Köln 2011
ISBN 978-3-404-60655-9
8,99 € (D)/9,30€ (A)
Das Thema Tages/Wochenänderung möchte ich selbst hier aufgreifen und einführen. Mehr dazu in Bälde…